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Konzeption

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Inhaltsverzeichnis

(Lunden, Frühjahr 2007)

Einführung

Die Kinder- und Jugendwohngruppe EIDERHAUS geht in ihrer heutigen Form auf eine seit den 70er-Jahren am selben Ort bestehende Jugendhilfeeinrichtung zurück. In den letzten Jahren wurde die Struktur der Einrichtung immer wieder neu gestaltet und ihre Konzeption wurde damit begleitend immer wieder überarbeitet. Seit 1988 wird die Einrichtung unter der derzeitigen Trägerschaft geführt.

In den letzten Jahren haben sich auch die Ausgangsbedingungen für Jugendhilfe deutlich verändert. Die seit rund zehn Jahren bestehenden neuen gesetzlichen Grundlagen für die Jugendhilfe bewirkten deutliche Folgen in den Einrichtungen; auch die politischen und vor allem die gesellschaftlichen Zusammenhänge und Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren sehr verändert, nicht immer zum Vorteil für die Erfordernisse der Jugendhilfe. Außerdem haben wir auch in unserem Haus während der letzten Jahre die Gegebenheiten verändert und weiterentwickelt. Seit dem Jahr 2001 liegt eine Leistungsbeschreibung unseres Betriebes (in der derzeit aktuellen Fassung von Februar 2002) vor, in der Einzelheiten zu der pädagogischen Arbeit unserer Einrichtung nachgelesen werden können. Die Ihnen hier vorliegende Konzeption stellt das Leitbild unserer Arbeit dar, auf dessen Grundlage wir unsere Arbeit verrichten wollen.

Das Personal

Obwohl wir wissen, dass das schon immer behauptet wurde, glauben wir, auch für die heutige Zeit feststellen zu können, dass die Veränderungen in den Rahmen- und Ausgangsbedingungen auch Veränderungen in den Anforderungen an die Heimerziehung zur Folge hatten. Die Anforderungen an das Personal sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Nur durch eine möglichst hohe Professionalität kann gewährleistet werden, in den immer schwieriger werdenden Jugendhilfefällen sach- und fachgerechte Hilfe anbieten zu können. Die Qualität der Heimerziehung steht und fällt mit der qualitativen Eignung der Gesamtheit der MitarbeiterInnen im Haus, deren Hauptaufgabe darin liegt, zu den Kindern und Jugendlichen möglichst enge und tiefe emotionale Beziehungen aufzubauen. Erziehungsarbeit ist Beziehungsarbeit – erst recht in der Heimerziehung. Den Schwerpunkt der sozialpädagogischen Arbeit im EIDERHAUS sehen wir daher in einer personalintensiven Betreuung der Kinder und Jugendlichen. Auch wenn uns bewusst ist, dass hohe Professionalität nicht die alleinige Voraussetzung für Erfolg in unserer Arbeit ist, sehen wir dennoch darin eine entscheidende Grundlage.

Der erzieherische Alltag wird daher ausschließlich von Fachpersonal mit viel Berufserfahrung getragen. Unser heutiges Kollegium für die Gruppendienste besteht aus vier Frauen und vier Männern im Alter zwischen 27 und 58 Jahren. Sie sind Erzieherinnen und Erzieher und zwei SozialpädagogInnen mit gestalttherapeutischer, bzw. familientherapeutischer Zusatzausbildung. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mehrjährige Erfahrung (einige zwanzig Jahre und mehr) in der Heimerziehung wie in der Sozialarbeit insgesamt, die sie sich auch in anderen Einrichtungen und Zusammenhängen erarbeiteten. Hinzu kommt ein Diplom-Pädagoge mit Zusatzausbildung zum Individualpsychologischen Berater (Alfred-Adler-Institut Nord e.V., Weiterbildungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie) mit ebenfalls mehr als zwanzigjähriger Erfahrung in der Heimerziehung, der das Team und die Einrichtung leitet. Der Kern des Kollegiums arbeitet mittlerweile mehr als zwölf Jahre zusammen; seit mehreren Jahren gab es in unserem Team nur ganz wenig nennenswerte Veränderungen. Das Team arbeitet unter regelmäßiger externer Supervision.

Das Team wird ergänzt durch eine staatlich geprüfte Hauswirtschafterin und eine Hauswirtschaftsmeisterin, die ebenfalls seit mehr als zwanzig Jahren in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe und die letzten dreizehn Jahre bei uns arbeitet. Sie hat einen Aufgabenbereich inne, der weit über die Verantwortung für den rein hauswirtschaftlichen Bereich hinausgeht.

Falls im Einzelfall notwendig, kann psychologische und therapeutische Hilfe von außerhalb in Anspruch genommen werden. Honorarkräfte stehen dafür zur Verfügung. Regelmäßige Fortbildung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine wichtige Voraussetzung, um eine qualitativ hochwertige Arbeit kontinuierlich aufrecht erhalten zu können.

Professionalität beschränkt sich in der Heimerziehung noch weniger als in anderen Berufen auf das während Ausbildung und Berufsjahren erworbene Fachwissen. Darauf kann nicht verzichtet werden, aber es stellt nur eine notwendige Voraussetzung für die Erfüllung der an das pädagogische Personal gestellten Anforderungen dar. Die Gesamtpersönlichkeit ist entscheidend. Die so betrachtete Professionalität zeigt sich in der Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihnen anvertrauten Kinder zu verstehen, gleichzeitig die erforderliche Distanz zu wahren, wie in der Fähigkeit, im gemeinsamen Handeln mit Kolleginnen und Kollegen einen ideellen Gesamterzieher anzustreben und dennoch die eigene Persönlichkeit, die Individualität und Identität zu bewahren. Mehr als in anderen Berufen müssen MitarbeiterInnen in der Heimerziehung in der Lage und dazu bereit sein, eigenes Handeln zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen, im Kollegium mitzutragen wie auch sich mittragen zu lassen. Erst nach Erwerb und Mobilisierung dieser Fähigkeiten können MitarbeiterInnen in der Heimerziehung ein Maß an Zufriedenheit mit ihrer beruflichen Situation erlangen, das erforderlich ist, um zum glaubwürdigen und verlässlichen Partner der zu Recht gegenüber der Erwachsenenwelt misstrauischen Kinder und Jugendlichen in den Jugendhilfeeinrichtungen zu werden und um die Stabilität zu entwickeln, die sie als dauerhafte, trag- und belastungsfähige Bezugspartner für die Kinder und Jugendlichen benötigen.

Es ist für Beschäftigte in der Heimerziehung unumgänglich, über regelmäßige Phasen der Erholung, der psychischen wie der physischen Distanz zu den beruflichen Problemen und Anforderungen zu verfügen. Es führt kein Weg an der zeitlichen Verteilung der insgesamt anfallenden Arbeitszeiten, also an einem Dienstplan vorbei. Unter den o. g. Bedingungen (langjährige Mitarbeit, entsprechende Situation im Team) können die aus einem Dienstplan entstehenden Probleme nach unseren bisherigen Erfahrungen auf ein Minimum reduziert werden, wenn gleichzeitig durch den Zuschnitt der Arbeitszeiten in Form vergleichsweise langer Dienstzeiten mit langen Phasen der Dienstübergänge bei entsprechend langen Freiphasen erreicht werden kann, dass die Gruppe mindestens doppelt, meistens dreifach besetzt ist und durch den wegfallenden typischen Schichtwechsel die damit verbundenen Probleme vermieden werden können.

Das Haus

Das EIDERHAUS liegt in dem Lundener Ortsteil Wollersum direkt am Deich der Eider in unmittelbarer Nähe der Nordseeküste. Lunden ist ein Ort mit ca. 3.000 Einwohnern im nördlichen Teil des Kreises Dithmarschen an der schleswig-holsteinischen Westküste. Die soziale Struktur des Orts ist durch Handwerksbetriebe, gewerbliche Kleinbetriebe, Dienstleistungsgewerbe, Landwirtschaft und Fremdenverkehr geprägt. Grund-, Haupt- und Realschule sowie eine Förderschule sind am Ort vorhanden; in der Stadt Wesselburen (ca. 20 km entfernt) steht eine Förderschule mit einer Klasse für Erziehungshilfe zur Verfügung. Gymnasien, sonstige weiterführende und berufsbildende Schulen sind in den mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichenden Städten Heide, Meldorf und Husum vorhanden.

Sonnenuntergang an der EiderLunden verfügt über eine Reihe eigener Freizeiteinrichtungen (Sportplätze, -vereine, Freibad, Jugendtreff, etc.). Direkt vor dem Haus befindet sich die “eigene” Badestelle. Durch das umfangreiche Angebot der benachbarten Städte Husum, Tönning, Friedrichstadt und Heide werden die Betätigungsmöglichkeiten im Freizeitbereich ergänzt. Die Nordsee (10 km entfernt) liegt so zusagen vor der Tür, St. Peter-Ording (30 km), Ostsee (80 km), Kiel und Flensburg (ebf. 80 km), Hamburg (120 km) sind gut zu erreichen.

Im EIDERHAUS stehen heute fünfzehn Plätze für Kinder und Jugendliche zur Verfügung, die auf mehrere Etagen des Hauses und damit in voneinander unterscheidbare Abschnitte verteilt sind. Eine Reihe von Umbaumaßnahmen in den letzten Jahren hat diese Aufteilung in getrennte Einheiten mit eigenen Gruppen- und Sanitärräumen ermöglicht. Es kann damit ein Leben der Kinder und Jugendlichen in kleineren und überschaubareren Einheiten erreicht werden. Die Personalausstattung ermöglicht eine Anpassung an die jeweilig gegebenen Wünsche und Anforderungen.

Für jedes Kind steht ein Einzelzimmer zur Verfügung. Einige Räume sind so groß gestaltet, dass sie (falls das gewünscht wird, was immer wieder vorkommt) als Doppelzimmer belegt werden können, aber auch als Einzelzimmer genutzt werden können. Für ältere Jugendliche oder Heranwachsende steht ein Apartment zur Verfügung, in dem jegliche Art der Verselbstständigung bei gleichzeitiger enger Anbindung an das Haus und das Personal eingeübt werden kann.

Neben den Zimmern für die Kinder und Jugendlichen stehen im EIDERHAUS mehrere Gemeinschaftsräume, Wohn-, Aufenthalts- und Spielzimmer zur Verfügung. In einer Werkstatt können Bastel- und Werkarbeiten durchgeführt werden. Um das Haus herum bestehen nahezu unbegrenzte sportliche und spielerische Betätigungsmöglichkeiten auf sehr weitläufigem Gelände (eigenes Grundstück und öffentliche Flächen). Wir haben ein eigenes Fuß- und Basketballfeld und ein Tiergehege, auf dem zur Zeit eine Ziegenherde lebt.

In unserem Haus werden Beteiligungsrechte und Beteiligungsverfahren der Kinder und Jugendlichen ernst genommen. Selbstverständlich ist die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an der Erstellung von Berichten und an ihren Hilfeplangesprächen sowie an allen anderen wichtigen Auseinandersetzungen um ihre Befindlichkeit, individuelle Situation und Aufgaben.

Da es sich beim EIDERHAUS um eine Einrichtung handelt, in der die Kinder und Jugendlichen vorübergehend oder dauerhaft den Lebensmittelpunkt finden sollen, dennoch die Gefahr vorhanden ist, dass sie diesen als fremd empfinden, ist es unabdingbar, sie darüber hinaus an Entscheidungen zu beteiligen. Dabei gibt es offene Formen der Beteiligung über Anträge, die die Kinder an das Personal stellen und über die in Dienstbesprechungen entschieden wird oder situationsbedingte Entscheidungen einzelner Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit den Kindern über individuelle Bedürfnisse. Beteiligung muss aber auch institutionalisiert sein, damit sie zu einer verbindlichen Angelegenheit wird und um allen Kindern und Jugendlichen nachvollziehbar und deutlich zu machen, dass es möglich, nötig und sinnvoll ist, sich in Entscheidungsprozesse einzubringen. Regelmäßig stattfindende Gruppenbesprechungen, Installieren eines Sprecherrates sowie punktuelle Beteiligung an Dienstbesprechungen gehören ebenso dazu wie auch eigene Entscheidungsfindungen der Kinder und Jugendlichen. Ständige Reflexion der Ergebnisse und die Auseinandersetzung um Probleme bei der Umsetzung erweitern den Kindern und Jugendlichen den Blick für die Tragweite der anstehenden Entscheidungen. Hinzu kommt, dass den Kindern und Jugendlichen bewusst wird, dass das Recht auf Beteiligung auch das Einhalten von Pflichten bedeutet.

Es ist geplant, eine eigene Gerichtsbarkeit für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses zu schaffen. Das bedeutet, dass unter Mithilfe des Personals die Jugendlichen selbst Konsequenzen für unsoziales Verhalten erarbeiten und aussprechen. Den Kindern und Jugendlichen soll dadurch bewusst werden, dass es keine willkürliche Entscheidung ist, jemanden bei Verstößen zu “bestrafen”, sondern es darum geht, sozialen Schaden wieder gut zu machen. Zusätzlich soll ein Moderator aus dem Team des erzieherischen Personals die Aufgabe übernehmen, den Jugendlichen bei der Aufarbeitung atmosphärischer Störungen zur Seite zu stehen, um langanhaltende Probleme zu vermeiden.

In einem gemeinsamen Aushandlungsprozess zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen soll eine Satzung entstehen, in der alle notwendigen Einzelheiten, Regularien und Termine schriftlich fixiert wird. Darin soll auch festgehalten werden, welche Entscheidungen den Erwachsenen vorbehalten bleiben. Eine Überprüfung und ggf. eine Veränderung des Satzungsinhalts soll in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden.

Die Kinder und Jugendlichen

Die Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche in der heutigen Welt werden immer schwieriger. Die nahezu ausschließlich von den Bedürfnissen der Erwachsenenwelt bestimmten Verhältnisse sind alles andere als kindgerecht. Die Kinder und Jugendlichen, die in Jugendhilfeeinrichtungen leben, sind in aller Regel unter besonders wenig kindgerechten Bedingungen aufgewachsen. Die Folgen zeigen sich in psychischen Problemen der Kinder und Jugendlichen, die individuell sehr unterschiedlich gelagert sein können.

Manche Kinder und Jugendlichen entwickeln sich unter diesen Umständen zu Persönlichkeiten, denen wegen ihrer neurotischen Fehlentwicklungen kontinuierliche pädagogische und evtl. auch therapeutische Hilfe gewährt werden muss und bei denen ambulante pädagogisch-therapeutische Maßnahmen nicht (mehr) ausreichen, um eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen. Diesen jungen Menschen wollen wir im EIDERHAUS Hilfe anbieten.

Für Mädchen und Jungen, deren Persönlichkeitsstruktur durch Ich-Defizite und mangelhaft ausgebildete Verhaltenskontrolle geprägt ist, wollen wir die Möglichkeit schaffen, ihre Lebensumstände und ihre Lebenseinstellung positiv zu verändern. Wir erleben z.B. ihre gering ausgebildete Frustrationstoleranz, geringe Selbstachtung und Selbstzufriedenheit, die emotionale Labilität und Undifferenziertheit, die unrealistische Aufnahme und Verarbeitung von Umweltreizen, die unrealistische Einschätzung der eigenen Person und der Wirkungen ihrer Handlungen auf die Umwelt, fehlende Lebensplanung und fehlenden Lebensmut, Aggressivität ebenso wie Depressivität und das daraus resultierende Fluchtverhalten der Kinder. Wir sehen die Grundlagen dafür in tieferliegenden seelischen Störungen und Fehlentwicklungen. Oftmals liefert das Kind nur mit äußerlich sichtbarer Symptomatik wie Trebegängerei, Eigentumsdelikten, Schuleschwänzen oder allgemeiner Leistungsverweigerung Hinweise auf die grundlegende Problematik.

Wir treffen in unserer Arbeit fast ausnahmslos Kinder und Jugendliche an, deren heutige Schwierigkeiten auf Deprivationen infolge Entbehrungen der verschiedensten Art in früheren Lebensphasen zurückzuführen sind. Meistens handelt es sich dabei um Entbehrungen während der ersten drei bis sieben Lebensjahre. Die Erwachsenen erwiesen sich für diese Kinder als nicht verlässliche Partner oder als inkonsequente Partner. Häufig sind Entbehrungen in der Befriedigung der grundlegendsten Lebensbedürfnisse festzustellen oder die Kinder mussten bei vordergründig ausreichender Versorgung und Pflege auf die Erfüllung weiterer elementarer Bedürfnisse verzichten. Entbehrungen auf dem Gebiet der Liebe und Zuneigung, der Achtung und der Wertschätzung, enttäuschte Liebessehnsucht und enttäuschtes Zärtlichkeitsbedürfnis hinterlassen Wunden, deren Tiefe auch heute noch nicht immer im erforderlichen Maß gesehen wird.

Viele der Kinder und Jugendlichen, die in der Heimerziehung leben, haben in ihrer bisherigen Lebensgeschichte mehr oder weniger starke Misshandlungen erlebt. Sie waren mit Gewalt in verschiedensten Formen konfrontiert oder ihr persönlich ausgesetzt. Der Prozentsatz von Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung, von denen wir wissen, dass sie in ihrer bisherigen Biographie sexueller Misshandlung ausgesetzt waren, ist in den letzten Jahren nach unseren Beobachtungen stark gestiegen. Bei vielen Kindern und Jugendlichen stellt sich erst im Lauf der Zeit heraus, dass sie in ihrer bisherigen Lebensgeschichte sexuelle übergriffe erdulden mussten. So können wir feststellen, dass während der letzten Jahre ein Großteil der Mädchen, mit denen wir in unserer Einrichtung zu tun hatten, in ihrer Vorgeschichte sexuelle Übergriffe oder Misshandlungen erlitten hatten. Deutlich ist die Anzahl der Jungen gestiegen, von denen wir wissen, dass sie mit sexueller Gewalt konfrontiert waren, sei es dergestalt, dass sie diese in der Familie miterlebt hatten oder persönlich davon betroffen waren. Oftmals ist es auch einfach “nur” ein fragwürdiges Sexualverhalten der Erwachsenen, das den Kindern und Jugendlichen Probleme bereitet. Bei etlichen besteht die Gefahr, selbst zum Täter zu werden oder es stellt sich heraus, dass sie bereits Grenzüberschreitungen begangen haben. Ein immer größerer Teil der Jugendlichen hat nach unseren Beobachtungen ein sehr problematisches Bild von Sexualität. Sexuelle Beziehungen zu anderen Menschen erwachsen häufig nicht (mehr) aus einer Freundschaft oder einer Beziehung, haben oftmals nichts mit dem Wunsch nach Nähe, Zuneigung und Zärtlichkeit zu tun, sondern werden als technische Angelegenheit betrachtet. Ohne Gefühlsbeteiligung entwickeln diese Jugendlichen ein sehr dingliches Verhältnis zur Sexualität.

Eine ganz besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang die modernen Medien. Kinder, die nicht persönlich im Sinne von körperlich sexueller Gewalt ausgesetzt waren, waren dies häufig durch das Verhalten der Erwachsenen in ihrer Umgebung, durch die sie mit Pornovideos teilweise der übelsten Sorte konfrontiert wurden. Was Kindern in diesem Zusammenhang zugemutet wird, erfüllt unseres Erachtens und nach unseren Erfahrungen den Tatbestand der sexuellen Kindesmisshandlung. Sinngemäß gilt dies ebenso für Medienprodukte, deren Inhalt durch Gewalt- und Horrorszenen anderer Art bestimmt ist. Wir können bei Kindern, die in ihrer bisherigen Lebensgeschichte häufig mit Gewaltszenen konfrontiert waren, in deutlich zunehmendem Maß eine seelische Verrohung und ein in ihnen schlummerndes Aggressions- und Gewaltpotenzial feststellen.

Aus der Kombination des Gefühls, nicht erwünscht und wenig gemocht zu sein mit Gewalterfahrung erwächst nach unseren Beobachtungen ein besonders hohes und gefährliches Gewaltpotenzial. Je tiefer dieses in den Kindern schlummert, umso schwerer ist es zu kalkulieren; oftmals ist die Gewaltbereitschaft erst auf den zweiten oder dritten Blick zu erkennen und kommt erst in zugespitzten Krisensituationen oder erst in fortgeschrittenem Jugendlichenalter und dann sehr überraschend zum Vorschein.

Immer wieder können wir beobachten, wie unter solchen entbehrungsreichen Verhältnissen aufgewachsene Kinder in dem Gefühl leben, es wäre besser, sie wären nicht da. Sie bewegen sich in der Erwachsenenwelt, als befänden sie sich in Feindesland. Mit entsprechenden Abwehrhaltungen – seien sie aggressiver oder depressiver Art – reagieren sie auf ihre Umwelt. Eine sich aufgrund solcher Lebenssituation entwickelnde Gefühlslage hält sich umso hartnäckiger, je tiefer und länger die Mangelsituation zu erleiden war.

Nach unseren Erfahrungen ist es von großer Wichtigkeit, den richtigen Zeitpunkt für eine Trennung zwischen dem Kind und der Herkunftsfamilie zu finden. Sofern möglich, ist es wünschenswert, ein Stadium der Problementwicklung abzuwarten, in dem es dem Kind möglich ist, den Sinn des Trennungsschrittes selbst einzusehen. Ohne diese Voraussetzung ist es für die aufnehmende Einrichtung zwar nicht unmöglich, aber doch sehr schwer, zwischen dem Kind und den neuen Bezugspersonen eine Atmosphäre der Geborgenheit zu schaffen, die für eine gedeihliche Zusammenarbeit erforderlich ist. Solange das Kind den Schritt aus der Familie in eine neue Umgebung nicht selbst als Erleichterung empfindet, ist es schwer, eine emotionale Beziehung zu ihm aufzubauen. Umgekehrt bedauern wir es manchmal sehr, wenn mit der Herausnahme eines Kindes aus dem bisherigen belastenden und/oder gefährdenden Milieu zu lange gezögert wird. Oftmals haben sich dann neurotische Verhaltensweisen in einem Maße verstärkt und verfestigt, das ein Eingreifen mit den üblichen pädagogischen Mitteln nahezu unmöglich macht.

Kinder, die aufgrund der deprivierenden Situation im Herkunftsmilieu in ihrem bisherigen Leben kein Urvertrauen entwickeln konnten, zeigen die unterschiedlichsten neurotischen Symptome, Es ist wichtig, darin kein selbstständiges Phänomen zu sehen. Das neurotische Symptom ist ein gescheiterter Selbstheilungsversuch des Kindes in einer bestimmten Situation oder regelmäßig wiederkehrenden Lebenslage, die durch Entbehrungen gekennzeichnet ist. Das neurotische Symptom selbst ist nicht etwas Störendes, das es zu beseitigen gilt; es gibt das neurotisierte Kind, in dessen Lebensgeschichte es etwas “Störendes” gab oder gibt. Das neurotische Symptom hat auch den Charakter eines Hilferufs. Diese Dialektik zwischen gestörtem sozialem Umfeld und der Reaktion des Kindes darauf muss Ausgangs- und Endpunkt in der täglichen pädagogischen Arbeit mit dem Kind sein. So betrachtet gibt es keinen Unterschied oder gar Gegensatz zwischen pädagogischem und therapeutischem Handeln. Die in diesem Sinne heilpädagogische Arbeit besteht im Verstehen der jeweiligen Eigenart des Kindes und der Einfühlung in die Zwangslage, in die es während seines bisherigen Lebens geraten war. U. E. ist dies der einzige Weg, um schwierigen und gefährdeten Kindern wirklich zu helfen.

Pädagogische Zielsetzung

Ziel unserer sozialpädagogischen Arbeit ist es, während des Aufenthaltes im EIDERHAUS neurotische Störungen und die daraus resultierenden auffälligen und nichtangepassten Verhaltensweisen so abzubauen, dass Kinder und Jugendliche lernen, sich in einer altersentsprechenden Form auch außerhalb des pädagogisch-therapeutischen Alltags am Leben in der Gemeinschaft zu beteiligen. Die dazu notwendige Erziehung muss sich sowohl an der Realität orientieren, um auf das “normale” Leben vorzubereiten, als auch den jeweiligen Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsdefiziten angemessen sein. Um dem Ziel der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit näher zu kommen, muss in aller Regel sowohl die individuelle Erziehungsplanung wie auch das gesamte Tagesgeschehen der Gruppe eine zunächst mehr oder weniger starke Fremdbestimmung beinhalten, um Schritt für Schritt Selbstbestimmung aufbauen zu können.

Ausgehend von tiefenpsychologischen Erkenntnissen über die Persönlichkeitsentwicklung und den daraus resultierenden Erfahrungen im Umgang mit Kindern ist es unser Ziel, die individuellen Defizite und/oder Störungen der Kinder und Jugendlichen im längerfristigen Forschungs- und Beratungsprozess festzustellen, zu verstehen und angemessene Hilfestellungen für den Heimalltag zu formulieren. Die Erwachsenen müssen in diesem Prozess Kinder und Jugendliche in zugewandter und verstehender Haltung begleiten, diese machen dabei die Erfahrung des grundlegenden Angenommenseins.

In der pädagogischen Arbeit soll ein Mindestkatalog an gemeinsamen Regeln und das Vorhandensein von geordneten, überschaubaren sowohl räumlichen wie zeitlichen und sozialen Strukturen den Kindern und Jugendlichen ermöglichen, sich mit den Anforderungen der Realität auseinanderzusetzen. Durch die Schaffung und Aufrechterhaltung eines “therapeutischen Klimas” sowie durch eine konstante und gesicherte emotionale und materielle Bedürfnisbefriedigung der Kinder und Jugendlichen ist sicherzustellen, nach Möglichkeit und innerhalb sinnvoller Grenzen bisher erlebten Mangel nachzuholen oder auszugleichen und die Kinder und Jugendlichen vor belastenden Erlebnissen zu beschützen, also einen gewissen Schonraum zu gewähren.

Die sozialpädagogischen Hauptaufgaben sehen wir darin, zusammen mit den Kindern und Jugendlichen im weitesten Sinne Mut zum Herangehen und zur Bewältigung der vor ihnen stehenden Lebensaufgaben zu entwickeln. Sie stellen sich im Kern als Beziehungsaufgaben und -fragen dar. Wir können die Aufgaben daher in folgenden Zielen zusammenfassen:

  • Die bei uns wohnenden Kinder und Jugendlichen benötigen die ständig erneuerte und wiederholte Bereitschaft, bisher erlebte Entbehrungen, Gewalt und Verwahrlosung mit ihnen aufzuarbeiten.
  • Die Kinder/Jugendlichen sollen die Erfahrung machen können, trotz evtl. problematischen Verhaltens gern gehabt, erwünscht und anerkannt zu sein. Sie haben Anspruch auf eine pädagogische Grundhaltung, die zwischen Tat und Täter unterscheidet.
  • Sie sollen die Möglichkeit haben, sich mit Bezugspersonen zu identifizieren, die Lernmodelle und Lernanreize für Bedürfnisbefriedigung und Konfliktlösung liefern.
  • Andererseits ist es notwendig zu lernen, sich schrittweise von Autoritäten abzulösen und ein eigenes Ich zu entwickeln.
  • Sie sollen die Erfahrung machen können, soziale Bindungen zu anderen Menschen eingehen zu können und die Vorteile eines in der Gruppe verwurzelten Gemeinschaftsgefühls kennen lernen.
  • Sie sollen gemeinsam mit anderen einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung nachgehen können und die Förderung ihrer Kreativität erfahren.
  • Kinder und Jugendliche sollen für Entscheidungen im materiellen, sozialen und persönlichen Bereich Hilfen zur Orientierung erhalten, um Sicherheiten für eine schrittweise größer werdende Selbständigkeit zu erwerben.
  • Sie benötigen Bedingungen für die eigene sexuelle Reifung in Form der Anerkennung der gesamten Persönlichkeit, der bejahenden Beziehung zum eigenen Ich und Körper, in die Sexualität als ein Bestandteil der gesamten Persönlichkeit neben anderen integriert ist und in Form einer Identifikation mit dem eigenen Geschlecht und des Bekennens zur eigenen Geschlechtlichkeit sowie in Form der Auseinandersetzung mit den Geschlechterrollen.
  • Unsere Kinder und Jugendlichen benötigen starke, verlässliche und belastungsfähige persönliche Beziehungen als Voraussetzung für die Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse, für die schrittweise Überwindung bisheriger Verhaltensschwierigkeiten und -schemata und für die Bildung eines Gewissens.
  • Sie sollen die Erfahrung machen können, Entsagungen und gesellschaftsbedingte Gegebenheiten einerseits kritisch hinterfragen und als möglicherweise veränderbare Größen begreifen zu können, andererseits solche aus Respekt vor den Bedürfnissen Anderer auch zu akzeptieren.
  • Sie sollen die Möglichkeit zum Aufbau eines ökologischen Verhältnisses zur Natur erhalten, die eigene Identität als Bestandteil eines größeren Ganzen begreifen lernen und Interesse und Wachheit für die Fragen, Aufgaben und Probleme unserer heutigen Zeit und Welt entwickeln.

Verhaltensauffälligkeiten, Verhaltensstörungen, seelische Belastungen und Defizite sowie Entwicklungsdefizite äußern sich besonders schnell und stark im Leistungsbereich. Dementsprechend muss dem schulischen und Ausbildungsbereich eine große Bedeutung beigemessen werden. Mit den Schulen am Ort erörtern wir in regelmäßigen Kontakten alle auftauchenden Fragen. Schulischen Schwierigkeiten der Kinder versuchen wir durch gezielte Überwachung der Schulaufgaben und Anleitung zu deren Bewältigung zu begegnen. Kinder mit hartnäckigen Schulproblemen sind in der Regel tief entmutigte Kinder. Nur mit Leistungsanforderung kann ihnen oft bei der Bewältigung der Probleme nicht ausreichend geholfen werden. Ihr Selbstwertgefühl muss zuerst so weit geschaffen und stabilisiert werden, dass sie sich Leistung (wieder) zutrauen. Gezielte und individuelle Nachhilfe kann dann nutzbringend eingesetzt werden und wird im Einzelfall ebenfalls zur Verfügung gestellt.

Bei der Arbeit für das Ziel, schulische Schwierigkeiten und Leistungsdefizite aufzuarbeiten, darf auf der anderen Seite nicht außer Acht gelassen werden, dass Schulversagen häufig nicht das eigentliche Problem darstellt, sondern nur das Symptom für tiefer liegende Probleme ist. Daher ist es für uns von großer Bedeutung, bei vorliegendem Schulversagen im Einzelfall zu überprüfen, ob dieses das Problem ist und ihm durch geeignete Hilfsmittel im kognitiven Bereich begegnet werden soll oder ob sich Persönlichkeitsdefizite elementarer Art dahinter verbergen. In diesem Fall ist es für die pädagogische Arbeit von entscheidender Wichtigkeit, nicht am Symptom, sondern den dafür verantwortlichen Grundlagen zu arbeiten, und sei es u. U. um den Preis des vorübergehend weiterhin vorhandenen Schulversagens. Ein anderes Vorgehen würde dem Kind nicht gerecht und es überfordern.

Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es nicht immer ganz einfach, für diese Sichtweise und dieses Vorgehen das Verständnis der beteiligten Schulen und Lehrkräfte zu erhalten. Wir verstehen umgekehrt die oftmals schwierige Situation, in der Lehrerinnen und Lehrer stehen, wenn sich in ihrer Klasse verhaltensschwierige Kinder befinden und sind uns bewusst, dass wir zu dieser Situation beitragen. In den Gesprächen mit den Schulleitungen, den Lehrerinnen und Lehrern verfolgen wir daher nicht nur das Ziel der Leistungsüberprüfung und Verhaltenskontrolle, sondern sehen darin die Aufgabe, die beteiligten Lehrkräfte mit Informationen zu versehen, die für das Verständnis des Kindes und für ein abgestimmtes Vorgehen bedeutsam sind.

Mitte der 80er-Jahre konnte in der Jugendhilfe festgestellt werden, dass der Altersdurchschnitt der Bewohner von Kinder- und Jugendheimen stark angestiegen war. Das bedeutete, dass in großer Anzahl Jugendliche in Heimen wohnten, die ihre Pflichtschuljahre absolviert hatten und auf dem Lehrstellen und Arbeitsmarkt vor großen Problemen standen. Zwischenzeitlich war es sehr zu begrüßen, dass in dieser Hinsicht eine spürbare Änderung zu beobachten war. Der Altersdurchschnitt war für einige Jahre deutlich gesunken. Es wurden damit die Bedingungen, Kinder und Jugendliche zu einem Schulabschluss zu führen, deutlich verbessert. Seit einigen Jahren können wir beobachten, dass das Aufnahmealter und das Durchschnittsalter der bei uns wohnenden Jugendlichen wieder stark ansteigt, wodurch die Schwierigkeiten zunehmen, den pädagogischen Erfordernissen gerecht zu werden.

Ein Großteil der schulentlassenen Jugendlichen (auch die, die ihre letzten Schuljahre bei uns verbrachten) stehen vor der Situation, dass sie mit einer regulären Berufsausbildung (zunächst) überfordert sind. Berufsfördernde Maßnahmen und Lehrgänge, wie sie in großer Anzahl angeboten werden, können in Einzelfällen die geeignete Hilfe darstellen, sind aber nicht die generelle Alternative und Lösung. Die Jugendhilfe hat daher die Aufgabe, in jedem Einzelfall frühzeitig während der letzten Schuljahre damit zu beginnen, einen Plan für schulische Weiterbildung, berufliche Ausbildung oder Integration in ein Arbeitsverhältnis zu entwerfen und damit einen Weg in eine sinnvolle Betätigungsperspektive zu eröffnen. Durch Kontakt zu den am Ort und in der näheren Umgebung ansässigen Handwerks- und Gewerbebetriebe streben wir an, dass den Jugendlichen aus dem EIDERHAUS Praktikums- und Ausbildungsplätze und evtl. auch längerfristige Beschäftigungen ohne festes Ausbildungsverhältnis bereitgestellt werden können. Außerdem beschäftigen wir eine Hauswirtschaftsmeisterin. Dadurch können zwei Ausbildungsstellen im Haus für den Beruf der Hauswirtschafter/in, bzw. Hauswirtschaftshelfer/in zur Verfügung gestellt werden. Für eine begrenzte Anzahl von Jugendhilfefällen (maximal zwei gleichzeitig) können wir ein eigens auf die individuelle Situation zugeschnittenes Arbeitstrainingsprogramm anbieten.

Freizeit

Neben den Bereichen des Lernens und Arbeitens muss in einer Jugendhilfeeinrichtung der Bereich der Freizeitaktivitäten einen hohen Stellenwert einnehmen. Verhaltensschwierigkeiten von Kindern und Jugendlichen können gerade dadurch Anstöße zu ihrer Überwindung bekommen. Durch Werken oder sportliche Betätigung, durch Musizieren oder Spiele werden die kreativen Fähigkeiten des Kindes und Jugendlichen geweckt und gefördert. Oftmals können durch Aktivitäten im Freizeitbereich Versagensängste, Konzentrationsschwächen, geringes Selbstwertgefühl am ehesten bekämpft werden. Kinder und Jugendliche können in der kreativen Freizeitbetätigung eine positive Stärkung und Förderung ihrer Persönlichkeit erfahren. Diese Ermutigung kann sich mit der Zeit auch auf den Leistungsbereich auswirken.

Auf dem eigenen Gelände und in der unmittelbaren Umgebung des Hauses stehen den Kindern und Jugendlichen eine Vielzahl von Betätigungsmöglichkeiten offen. Wir streben an, dass die bei uns wohnenden Kinder und Jugendlichen sich in einem Freundeskreis außerhalb unseres Hauses bewegen und in diesem Rahmen Aktivitäten im Freizeitbereich nachgehen. Durch eigene Unternehmungen wird das Angebot ergänzt und durch eine einmal im Jahr stattfindende Urlaubsfahrt abgerundet. Für Wassersport stehen Kajaks und eine kleine Segelyacht zur Verfügung.

Wir haben im Haus eine Reihe von Arbeitsgemeinschaften zu verschiedenen Themen (wie z. B. Reiten, Sport, Basteln, Video, Kochen, etc.) eingerichtet. Die Themen können je nach Aktualität wechseln. Sie werden in fester Verantwortung durch eine Erzieherin oder Erzieher durchgeführt. Wir streben an, dass jedes Kind an mindestens einer AG teilnimmt. Dadurch soll Verbindlichkeit hergestellt werden. Es geht dabei um das Angebot von Freizeitbeschäftigungen, in denen partnerschaftlicher Umgang, Selbstbestätigung, Kooperationsfähigkeit, Verlässlichkeit und Entscheidungen des eigenen Handelns unmittelbar auf andere einen hohen Stellenwert haben.

In der Regel beherrschen Kinder und Jugendliche bei der Aufnahme allenfalls die verschiedenen Arten der passiven Freizeit”beschäftigung”; oftmals sind regelrechte Entzugserscheinungen zu beobachten, wenn gewohnte Medien wie TV oder Video nicht mehr wie bisher zur Verfügung stehen. Ein bewusster Umgang mit diesen Medien muss oft erst erlernt werden. Dabei machen wir die Erfahrung, dass die vielen Kindern und Jugendlichen drastisch erscheinende Beschränkung von Fernseh-, Video- oder PC-Konsum weniger Probleme verursacht als befürchtet, wenn Alternativen zur Verfügung stehen und die Kinder/Jugendlichen mit einem anderen Vorbildverhalten konfrontiert sind. Diejenigen, die noch nicht die Voraussetzungen und die Kraft haben, aus eigenem Antrieb einer kontinuierlichen Freizeitbeschäftigung außerhalb oder innerhalb des Hauses nachzugehen, wollen wir durch entsprechende Anregungen an eine eigene musische, kreative und sportliche Betätigung heranführen. Auch dafür haben die erwähnten Arbeitsgemeinschaften eine hohe Bedeutung.

Aufnahmekriterien und Aufnahmeverfahren

Wie bereits erwähnt stehen im EIDERHAUS 15 Plätze für Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts zur Verfügung. Die rechtlichen Grundlagen für die Aufnahme stellen die §§ 27, 34, 35a und 41 SGB VIII sowie die §§ 39/100 BSHG dar. Das Aufnahmealter sollte zwischen 6 und 18 Jahren liegen. Wenn eine Trennung zwischen Kind und Herkunftsmilieu unausweichlich erscheint, ist es notwendig, den dafür am besten geeigneten Zeitpunkt möglichst genau zu treffen. D. h., dass dem Kind soweit irgend möglich der Schritt der Trennung zumindest ansatzweise begreiflich sein sollte. Andererseits darf mit dem Schritt der Trennung nicht zu lange abgewartet werden. Jugendliche, die über lange Jahre tiefgreifende Entbehrungen erlitten haben, die die verschiedensten ambulanten Hilfeversuche oder gar gescheiterte Pflegeverhältnisse hinter sich haben, die also dementsprechend entmutigt und voll des Misstrauens gegenüber der Erwachsenenwelt sind und bei denen sich neurotische Verhaltensweisen tief verfestigt haben, stellen die aufnehmende Jugendhilfeeinrichtung vor erhebliche Probleme. Es besteht die Gefahr, dass eine Integration dann nicht mehr gelingt.

Wir können Kinder und Jugendliche aufnehmen, deren neurotische Fehlentwicklungen längerfristiges pädagogisch-therapeutisches Einwirken erforderlich machen. Für eine im Sinne des Kindes erfolgreiche Zusammenarbeit halten wir den Grundkonsens zwischen allen Beteiligten (Jugendamt, Eltern / sonstige wichtige Angehörige, Heim, je nach individueller Situation auch das Kind) über den Zusammenhang zwischen der äußerlich sichtbaren Symptomatik in den Verhaltensproblemen des Kindes und den zugrundeliegenden seelischen Problemen für unerlässlich. Die Kinder sollten in der Lage sein, öffentliche Schulen zu besuchen. Außerdem können Kinder und Jugendliche aufgenommen werden, die dem Grenzbereich zwischen einer Lernbehinderung und einer geistigen Behinderung zugerechnet werden können. Massive geistige und körperliche Behinderungen würden uns allerdings überfordern. Es sind auch nicht alle dafür erforderlichen baulichen Gegebenheiten vorhanden. Sofern möglich sollten die Verhaltensprobleme und Entwicklungsdefizite sowie die bisherige Lebensgeschichte des Kindes in einer psychosozialen Diagnose erarbeitet sein, um möglichst sicher über Aufnahmen entscheiden zu können.

Wir sind darauf eingerichtet, allergiekranke Kinder aufnehmen zu können und haben in diesem Bereich während der letzten Jahre bereits Erfahrungen gewonnen. Insbesondere ist uns dabei die Beteiligung seelischer Faktoren an Allergieerkrankungen deutlich geworden. Wir sind uns bewusst, dass in Zukunft auch HIV-infizierte Kinder zur Aufnahme anstehen werden. Bei der Überprüfung der Aufnahmemöglichkeit muss die Infektion berücksichtigt werden, darf aber nicht die ausschlaggebende Rolle spielen. Auch in solchen Fällen muss die Frage nach sozialpädagogischen Kriterien entschieden werden. Wir haben Erfahrung in der Diabetesbehandlung und können daher daran erkrankte Kinder betreuen.

Außerdem gehen wir davon aus, dass in Zukunft auch für mehr Kinder zugereister ausländischer Familien Plätze in Einrichtungen der Jugendhilfe benötigt werden. In unserer Einrichtung leben seit Jahren auch ausländische Kinder, die zwar im öffentlichen Leben nicht von ausländerfeindlichen Attacken verschont blieben, in unserer Einrichtung jedoch gut integriert sind, Ansehen genießen und von Gruppenmitgliedern Schutz und Solidarität erfuhren, wenn sie in der Öffentlichkeit Anfeindungen ausgesetzt waren. Für Kinder mit schweren psychotischen Erkrankungen und deutlicher Suchtproblematik sind wir mit unserer Pädagogik, die auf die weiter oben beschriebene Klientel zugeschnitten ist, nicht die geeignete Einrichtung.

Uns ist sehr wichtig, nach Möglichkeit ein zumindest in Grundzügen entwickeltes Einverständnis des Kindes oder des/der Jugendlichen zur Aufnahme zu erreichen. Bereits in der Anfangsphase sollten bestimmte Minimalziele formuliert werden, um auf Veränderung, Perspektive und Zukunft zu orientieren. Die vorbereitenden Gespräche mit einem/r zur Aufnahme anstehenden Kind oder Jugendlichen sollten zum Ergebnis haben, dass trotz aller zwangsläufig entstehenden Bedenken und Ängste bei den Kindern und Jugendlichen die Perspektive entsteht, in bestimmten entscheidenden Lebensbereichen durch einen Milieuwechsel Erleichterung zu erfahren. Es ist dies aus verschiedenen Gründen nicht in jedem Fall möglich. Da aber von dem Gefühl, das das betreffende Kind oder die/den betreffende/n Jugendliche/n beim Umzug zu uns begleitet, in der Regel die ganze erste Phase des Aufenthalts bei uns bestimmt wird und da von der Erstphase häufig Erfolg oder Misserfolg der Jugendhilfe abhängt, sollte es die absolute Ausnahme bleiben, wenn solche vorbereitenden Gespräche mit unverbindlichem Kennenlernen am Heimatort des Kindes unterbleiben (müssen).

Der Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen sollte nach der telefonischen Abklärung der Aufnahmemöglichkeit daher ein ausführliches Aufnahmegespräch vorausgehen. Nach Möglichkeit sollte an diesem Gespräch mindestens ein Erziehungsberechtigter und die/der zuständige Sozialarbeiterln des Jugendamtes teilnehmen. Es ist eine möglichst genaue Erfassung der Erziehungs- und Entwicklungsdefizite und deren Hintergründe anzustreben, um schon von der frühesten Phase an auf den Einzelfall zugeschnittene Hilfsangebote umreißen zu können. Jede Aufnahme bedeutet für alle Beteiligten ein deutliches Risiko. Es ist uns daher sehr wichtig, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt – also nach Möglichkeit vor der Aufnahme – eine Antwort auf die Frage zu finden, wo das betreffende Kind voraussichtlich richtig untergebracht wird. Ein Probewohnen im EIDERHAUS ist möglich, um in diesen Fragen möglichst viel Klarheit zu gewinnen, um Kinder und Jugendliche miteinander vertraut zu machen, um die Erwachsenen und die Atmosphäre des Hauses kennenzulernen und um Ängste abzubauen.

Eltern

Die Heimleitung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Einrichtung streben in der Regel einen möglichst engen Kontakt zu den Eltern an. Soweit es angebracht und möglich ist, sollen die Eltern in den Erziehungsprozess ihres Kindes einbezogen werden. Bei Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen nehmen wir automatisch die bisherigen Bezugspersonen ein Stück weit mit auf. Die Eltern sind Eltern und sollen dies bleiben. Wir wollen nicht an ihre Stelle treten. Bereits vor der Aufnahme sollen die Eltern und weitere Angehörigen die Möglichkeit haben, sich mit dem Charakter der Einrichtung vertraut zu machen. In Gesprächen mit der Heimleitung und mit den Beschäftigten des Hauses und durch einen Besuch in der Einrichtung können sie sich ein Bild davon machen, was ihr Kind bei einer Aufnahme erwartet. Ängste, die auch bei den Erwachsenen vorhanden sind, sollen damit abgebaut werden. Die Kinder spüren sehr genau die gefühlsmäßige Einstellung ihrer Eltern gegenüber der Jugendhilfeeinrichtung und können bei uns innerlich nur dann ankommen, wenn sie die Bereitschaft der Eltern erkennen, ihnen dies zu gestatten. Loyalitätskonflikte müssen nach Möglichkeit minimiert werden; dies gelingt umso besser, je offener sie thematisiert werden.

Soweit möglich sollte die Aufnahme der Kinder und Jugendlichen frei von Schuldgefühlen der Eltern verlaufen. Dies setzt voraus, dass von Seiten der Jugendhilfeeinrichtung auch die Probleme der Eltern ernst genommen werden und in den erzieherischen Alltag einbezogen werden. Es ist allerdings umgekehrt nicht zu vermeiden, in der Aufarbeitung bisheriger negativer Lebenserfahrungen des Kindes Verantwortlichkeiten zu benennen. Es ist im Gespräch mit dem Kind anzustreben, den Blick auf die Sache zu richten, Sachverhalte zu beurteilen und nicht über Personen zu urteilen. Sofern vorhanden, wird der Erziehungsprozess durch die Gesprächsbereitschaft der Eltern über solche heiklen Fragen günstig beeinflusst. Sind die Eltern in dieser Weise zur Mitarbeit und Zusammenarbeit bereit, streben wir an, die Entwicklung des Kindes zur gemeinsamen Aufgabe zu machen und in regelmäßigen Gesprächs- und Besuchskontakten zu erörtern. In einer solcherart stattfindenden Elternarbeit sehen wir den erstrebenswerten Idealfall, der nicht zur Voraussetzung für die Aufnahme gemacht werden kann. Im Regelfall sind gegenseitige Besuchskontakte wünschenswert. Insgesamt ist im Einzelfall aufgrund individueller Möglichkeiten, Bereitschaft und Notwendigkeit auch unter Berücksichtigung geographischer Bedingungen über die jeweilige Form der Elternarbeit zu beraten. Es ist uns möglich, mit einzelnen Familien intensivere Gespräche über deren familiäre Situation zu führen, um ihnen dabei zu helfen, im eigenen Setting Veränderungen zu erreichen.

Nach Absprache können die Kinder und Jugendlichen Wochenenden und ihre Ferien im Elternhaus verbringen. Es soll dadurch die Möglichkeit geschaffen werden, sich in der alten Umwelt erneut zurechtzufinden, sich dort erneut zu bewähren oder einfach die Realität erneut zu erfahren. Solche Aufenthalte und die daraus resultierenden Erfahrungen liefern wichtige Anhaltspunkte für die weitere Erziehungsarbeit und sind notwendig, um die Frage der Rückkehr ins Elternhaus beantworten zu können.

Ende der Jugendhilfe

Der Umzug ins EIDERHAUS kann mit unterschiedlichen zeitlichen Perspektiven begonnen werden. Er kann von Anfang an eine zeitlich begrenzte Maßnahme darstellen und es wird eine Rückkehr ins Elternhaus nach Überwindung einer Krise von vornherein ins Auge gefasst. Es kann auch sein, dass eine solche Perspektive im Lauf der Zeit entsteht, ohne dass sie bei Aufnahme bereits so geplant gewesen wäre. Durch eine Trennung zwischen Kind und Elternhaus kann für die Erwachsenen im Herkunftsmilieu die Möglichkeit entstehen, die bisher ungünstigen Bedingungen für das Kind positiv zu verändern. Wenn sie sich darum bemühen und gute Beratung haben, kann ihnen das auch gelingen oder sie meinen, dass ihnen dies gelungen wäre. Sofern die Eltern im Besitz des Sorgerechts sind, können sie in diesem Fall die Rückkehr des Kindes in ihren Haushalt verlangen. In einer solchen Situation sollte als nächster Schritt in ausführlicher Erörterung sowohl mit den Eltern wie mit dem beteiligten Jugendamt die Sachlage so weit wie möglich geklärt werden. Es muss umgekehrt auch unsere Sichtweise berücksichtigt werden von dem, was das Kind nach unseren Erfahrungen noch lernen muss. Kann der Wunsch der Eltern positiv beurteilt werden, sollte der nächste günstige Zeitpunkt für eine Rückkehr ins Elternhaus so festgelegt werden, dass dem Kind auch eine Ablösung bei uns möglich wird. Bleiben die Eltern trotz gegenteiligen Rats bei ihrem Wunsch nach Rückkehr des Kindes, bleibt in der Regel keine andere Möglichkeit als diesem Wunsch zu entsprechen. Es ist schwer, gegen den Willen der Eltern und damit meistens auch gegen den Willen des Kindes erfolgreich mit ihm zu arbeiten und sollte daher auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Wir wollen und werden keinen Streit um das Kind führen.

Es gibt Aufnahmen, die nicht mit dem Einverständnis des betreffenden Kindes, bzw. der/des Jugendlichen oder seiner Familie zustande kommen (können) und die versucht werden müssen, obwohl sie damit von Anfang an unter ungünstigen Vorzeichen stehen. Es ist auch möglich, dass sich die Einstellung der beteiligten Personen zueinander trotz positiver Vorzeichen zum Negativen ändert oder dass sich die Beteiligten trotz allen Bemühens um Kennenlernen ineinander getäuscht haben. Da jedes Kind beanspruchen darf, geliebt zu werden und da die sozialpädagogische Arbeit unseres Erachtens nur bei gelingendem Beziehungsaufbau und gegenseitiger Akzeptanz erfolgreich stattfinden kann und das Vorhandensein einer emotionalen Beziehung und gegenseitiges Vertrauen voraussetzt, heißt dies auch, offen einzugestehen, nicht in jeder Situation für jede Not oder für jede Person die geeignete Hilfe anbieten zu können. In einer solchen Situation kann es für alle Beteiligten besser und für das Kind oder die/den Jugendlichen notwendig sein, sich zu trennen.

Sollte über einen längeren Zeitraum hinweg die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen stagnieren und daher keine positive Weiterentwicklung und Verhaltensänderung zu erwarten sein, halten wir die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe von außen für erforderlich. In diesem Fall würden wir in der Bereitschaft des Kindes oder Jugendlichen, daran mitzuarbeiten, die Voraussetzung für weiteres Wohnen bei uns sehen.

Der größte Teil der bei uns aufgenommenen Kinder macht aber andere Erfahrungen; sie bleiben über einen recht langen Zeitraum, oft für mehrere Jahre bei uns. Die Perspektive besteht für sie dann darin, bis zu einem bestimmten Lebensabschnitt, bspw. dem Schulabschluss, bei uns zu planen. In vielen Fällen erstreckt sich diese Planung letzten Endes bis zur Volljährigkeit oder darüber hinaus. Die Jugendhilfe begleitet sie dann häufig weit ins Erwachsenenalter hinein. Immer den Wunsch des jungen Erwachsenen hierzu vorausgesetzt besteht so die Möglichkeit, sie bis zum Ende der Berufsausbildung oder bis zum Beginn einer eigenen Erwerbstätigkeit zu begleiten. In dieser Lebensphase müssen die jungen Menschen trotz der durchaus noch notwendigen Betreuung sich schrittweise ablösen und in die Selbständigkeit geführt werden. Für diesen Weg bieten wir nach Absprache mit dem Jugendamt und bei noch nicht erreichter Volljährigkeit mit den Sorgeberechtigten die Möglichkeit des Betreuten Einzelwohnens an.

In einer angemieteten Wohnung soll die/der Jugendliche unter Betreuung das Leben auf eigenen Beinen und in eigener Verantwortung erlernen können. Das Maß und die Intensität der jeweilig erforderlichen Betreuung muss im Einzelfall vereinbart werden. In vielen Fällen dieser ambulanten Betreuung von Heranwachsenden besteht das eigentliche Problem nicht in erster Linie in der Bewältigung der anstehenden lebenspraktischen Aufgaben, obwohl auch dabei immer wieder große Schwierigkeiten zu beobachten sind. Die Hauptaufgabe besteht in der Verhinderung und Bekämpfung von Einsamkeit. Schüchternheit und soziale Ängste, die darin zum Ausdruck kommen, haben ihren Grund in der tiefen Entmutigung der eigenen Persönlichkeit. Oftmals steht der Jugendhilfe ein nicht ausreichender Zeitraum zur Verfügung, vor Erreichen der Volljährigkeit an diesem Problem zu arbeiten. Daher bedarf diese Aufgabe in der Jugendhilfe heute und auch in Zukunft einer konzentrierten Aufmerksamkeit.

Qualität, Qualitätsentwicklung und -sicherung

In regelmäßigen wöchentlichen Dienstbesprechungen werden alle anstehenden pädagogischen, aber auch organisatorischen Angelegenheiten und Aufgaben erörtert und in einem kollegialen Verfahren gelöst. Von allen Beteiligten wird das Kollegium – der ideelle Gesamterzieher – als das Zentrum allen Geschehens, aller Entscheidungen und aller Entwicklung im Haus betrachtet. Auch die Heimleitung trifft nur in Notfällen alleinige Entscheidungen. Vertrauen auf die gegenseitige Verlässlichkeit, wechselseitige Einvernahme, Kritik und Selbstkritik, aber auch Beteiligung am öffentlichen Leben und der allgemeinen Meinungsbildung sind Ergebnisse längerfristiger Prozesse im Team, die sich erst nach längerer Zusammenarbeit bilden können. Qualität ist das Ergebnis eines dialogischen Prozesses. Auch aus diesem Grund kommt der möglichst geringen Mitarbeiterfluktuation zentrale Bedeutung zu.

Die starke Individualisierung in der Jugendhilfe macht erforderlich, dass die Qualitätsbewertung nach Kriterien erfolgt, die sich am hilfeberechtigten jungen Menschen und dessen Familie orientiert. Daher ist auch der regelmäßige Dialog mit den Hilfeberechtigten wichtiger Bestandteil des Prozesses. Die Partizipation aller Beteiligter an allen Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen ist dafür erforderlich. Es gibt im Kern keine Auftraggeber und Auftragnehmer, sondern Beteiligte und Mitgestalter am Hilfeprozess.

In den Dienstbesprechungen haben auch ausführliche Fallbesprechungen ihren regelmäßigen Platz. Für jedes einzelne Kind/Jugendlichen werden auf der Grundlage der Hilfeplanvereinbarung detaillierte Leitfragen/Leitaufgaben entwickelt, anhand derer das alltägliche pädagogische Geschehen überprüft wird. Ein elektronisches Gruppenbuch steht zur präzisen Dokumentation zur Verfügung. Außerdem ermöglicht es die Überprüfung der im Hilfeplan gestellten Ziele und es erleichtert die Anfertigung von Berichten.

Die externe Supervision hat die Aufgabe, diese Prozesse regelmäßig zu begleiten und zu überprüfen. Im Mittelpunkt stehen Beziehungs- und Kommunikationsfragen. Es sind aber auch pädagogische Fallbesprechungen möglich. Es geht auch um den Mut, eingetretene und gewohnte Pfade zu verlassen und neue Methoden in Angriff zu nehmen.

Neben allen Auseinandersetzungs- und Entscheidungsprozessen im Kollegium muss für jedes Kollegium Betriebsblindheit vermieden werden und die Gefahr, auf bekannten und eingefahrenen Gleisen zu wenig Alternativen zu sehen, möglichst klein bleiben. Regelmäßige Fortbildung hat neben Förderung der fachlichen Qualifikation die Aufgabe, neue Herangehens- und Betrachtungsweisen in der täglichen Arbeit zuzulassen und zu fördern.

Mindestens einmal jährlich nehmen wir eine Evaluation vor. Das Ziel dabei ist eine möglichst genaue Standortbestimmung. Damit soll erkannt werden, um welche Fragen und Aufgaben wir uns nicht ausreichend oder falsch gekümmert haben, wo wir die zukünftigen Aufgaben sehen und wie wir uns derer annehmen wollen.

Wir sind Mitglied in der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) und weiteren Fachverbänden.